FNEZ | WS 2020/21
Die Folgen der aktuellen Covid-19 Pandemie haben weltweit das öffentliche Leben in der Stadt erheblich verändert, zeitweise eingeschränkt und zu neuen Formen des öffentlichen Zusammenlebens geführt.
Globale Pandemien haben historisch unsere Stadtsysteme verändert und z.B im 14. Jahrhundert im Kontext der Cholera-Epidemie die Wasserfilterung in Hamburg durch Robert Koch ermöglicht. Als Reaktion auf die spanische Grippe Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das städtebauliche Ideal von Licht, Luft und Sonne entwickelt, das seine gestalterische Schule im Bauhaus fand. Wird auch die Covid-19 Pandemie ähnlich fundamentale Auswirkungen auf Architektur, Städtebau und Stadtplanung des 21. Jahrhunderts haben?
Durch einen Lock-Down und strenge Hygieneregeln im Frühjahr 2020 wurde das öffentliche aber auch das Arbeits- und Privatleben nachhaltig verändert. Die Krise der Pandemie kann hierbei als ein Brennglas aktueller urbaner Entwicklungen verstanden werden (vgl. ILS 2020), die bestehende Entwicklungen verstärkt hat. Hierzu zählt ein verändertes Einkaufsverhalten mit räumlichen Auswirkungen auf die Innenstädte, eine verändertes Reiseverhalten mit einem verstärkten Fokus auf das Quartier sowie die Konzentration der Freizeitaktivitäten auf das eigene Quartier. Ebenso hat sich die Flexibilisierung von Arbeitszeit und ‑ort schlagartig verändert. Als erste Reaktionen der raumwissenschaftlichen Forschung haben u.a. das Deutsche Institut für Urbanistik, das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und das Wuppertal Institut erste Thesenpapiere zu möglichen Auswirkungen der Pandemie und ihrer Folgen auf städtische Räume beschrieben. Darin wird insbesondere die (neue) Bedeutung öffentlicher Räume beschrieben, aber auch die steigende Relevanz öffentlicher Institutionen. Der (bereits vor Covid-19 bekannte) Ansatz der resilienten Stadt bekommt insbesondere in Zeiten von Unsicherheiten einen neuen Stellenwert und gesellschaftliche Akzeptanz.
Einigkeit besteht in der Annahme, dass in der Postpandemischen Stadt die heute existierenden Ungleichheiten und Herausforderungen des urbanen Lebens verstärkt werden und die Krise als Brennglas bzw. Teilchenbeschleuniger aktueller Entwicklungen eingeschätzt wird (vgl. ILS 2020; Wuppertal Institut 2020).