DFG: Vom Wert und Werden des Hobrechtschen Berlin. Wachstum, Wandel und Erbe der Berliner Stadterweiterung

2014 – 2018
Thema
Mit dem „Bebauungsplan der Umgebungen Berlins“ wurde 1862 eine Grundlage geschaffen, auf der die innere Stadt bis heute aufbaut. Als Produkt der kapitalistisch-liberalen Wirtschaftsordnung im 19. Jahrhundert steht der Plan am Beginn einer Debatte über Planung als öffentliche Aufgabe. Bei den internationalen Vertretern der städtebaulichen Moderne verkörperte der Hobrechtplan das negative Beispiel einer sozial blinden Anpassungsplanung, dessen räumliche Verwirklichung es zu beseitigen galt.
Seit der Infragestellung des Planungsleitbildes der Moderne ist die Kritik an James Hobrecht relativiert und der Plan selbst idealisierend mit den gründerzeitlichen Quartieren gleichgesetzt worden. Dementsprechend ist der Bebauungsplan eine wiederkehrende Referenz in der Erforschung nicht nur der Berliner Stadtentwicklung, sondern auch der Geschichte der europäischen Planungsparadigmen. Dabei ist der Plan unterschiedlichen Deutungen unterlegen, in welchen sich Entwurf, Umsetzung und Transformation in verschiedener Weise vermischen. Ideen- und Realgeschichte sind dennoch bisher kaum in Bezug zueinander betrachtet worden.
An diesem Punkt setzt das Vorhaben an: Das Forschungsprojekt hat das Ziel, Ideen- und Realgeschichte des Plan(gebiet)s integriert zu beleuchten. Durch den Fokus auf das Berliner Beispiel sollen generelle Prinzipien der Entstehung und des Wandels städtischer Strukturen des 19. Jahrhunderts sowie der Planungsdisziplin aufgezeigt werden.
Forschung
Das fächerübergreifende Forschungsprojekt hat das Ziel, Ideen- und Realgeschichte des Plan(gebiete)s integriert zu beleuchten. Dabei werden…
- der Plan nach seiner Logik als Wachstumsgerüst untersucht (FG Städtebau und Siedlungswesen),
- die Entwicklung des Stadtraums hinsichtlich der Robustheit des Wachstumsgerüsts sichtbar gemacht (FG Bestandsentwicklung und Erneuerung von Siedlungeinheiten) sowie
- der Stadtraum als Werk der Stadtbaukunst nach seinem kulturellen, historischen und künstlerischen Wert befragt (FG Denkmalpflege).
Wertzuschreibungen, räumliche Entwicklung und Planaussagen werden im Begriff „Hobrechtsches Berlin“ vereint, um die Mehrdimensionalität des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden. Diese Vielschichtigkeit wird zugleich durch die Verknüpfung städtebaulich-morphologischer Analysen mit Untersuchungen zu Leitbildern, gesellschaftlichen Wertschätzungen und vergleichbaren europäischen Stadterweiterungsplanungen des 19. Jahrhunderts reflektiert. Damit werden lokale Erkenntnisse zur Berliner Stadtstruktur im europäischen Kontext gesetzt, historische und methodische Kenntnisse gewonnen und Hobrechts Beitrag zum Städtebau neu bewertet. Darüber hinaus wird der Plan als Steuerungs- und Regulationsinstrument unter veränderten Bedingungen untersucht. Die Herausarbeitung der zugrunde liegenden Entwurfsentscheidungen kann das Verständnis für die Entstehung der städtebaulichen Disziplin in einem bedeutenden Punkt vertiefen: Durch die Betrachtung der gebauten Stadt bis heute ergibt sich die Möglichkeit, die Ideen- und Realgeschichte über einen langen Zeitraum integriert zu betrachten. Zudem wird ein Beitrag zur aktuellen Debatte um europäische Stadt und deren gemeinsames Erbe geleistet und kritische Reflexion angeregt.
Förderung
DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft
Bearbeitung
Prof. Dr. Angela Million, Felix Bentlin, Laura Calbet i Elias
Partner
Prof. Elke Pahl-Weber
Fachgebiet Bestandsentwicklung und Erneuerung von Siedlungseinheiten
Institut für Stadt- und Regionalplanung (ISR), TU Berlin
Prof. Dr. Gabi Dolff-Bonekämper
Fachgebiet Denkmalpflege
Institut für Stadt- und Regionalplanung (ISR), TU Berlin
Downloads
Publikationen
Erscheint in Kürze: Dolff-Bonekämper, Gabi / Million, Angela / Pahl-Weber, Elke (Hg.) (2018): Das Hobrechtsche Berlin. Wachstum, Wandel und Wert der Berliner Stadterweiterung. Band XX in der Reihe Grundlagen. DOM publishers, Berlin.
Bentlin, Felix (2017): Understanding the Hobrecht Plan. Origin, composition, and implementation of urban design elements in the Berlin expansion plan from 1862. In: Planning Perspectives. ISBN (Print): upcoming print publication in 2018. DOI (Online): https://doi.org/10.1080/02665433.2017.140848
Calbet i Elias, Laura / Hutterer, Florian / Uttke; Angela (2013): 150 Jahre Hobrechtplan. Die wiederkehrende Frage nach dem großen Plan. In: AK Städtebau SRL „Der Große Plan. Aktuelle Beiträge zum Städtebau.“ Berlin. S. 123-126. ISSN 0936-0778.
Bentlin, Felix (2012): Raumschule Neukölln – Architekturvermittlung durch Mapping im Hobrecht’schen Berlin. In: PLANERIN 5/2012: Pixel, Bits & Netzwerke, S. 43-44.
Uttke, Angela / Brück, Andreas / Heinrich, Anna Juliane (2012): Mapping Hobrecht Neukölln. In: Bezirksamt Neukölln von Berlin (Hrsg.): QUER/STRASSE. Die Schülerworkshops 2012 zur Sanierung der Karl-Marx-Straße. Projektdokumentation, S. 6-13. Zugriff unter http://www.aktion-kms.de/files/schuelerworkshops_2012.pdf
Rhede, Christiane / Hutterer, Florian / Herold, Stephanie / Calbet i Elias, Laura (2011): Bebauungs- oder Freiflächenplan? Die Rolle des öffentlichen Raumes bei Hobrecht. In: Flecken / Calbet i Elias (Hrsg.): Der öffentliche Raum? Sichten, Reflexionen, Beispiele. Berlin 2011, S. 95-106.
Lehrveranstaltungen
DozentInnen: Prof. Dr. Angela Million, Andreas Brück, Laura Calbet i Elias
SS 2012: Mapping das Hobrechtsche Berlin II – Finding Hobrecht auf der Karl‑Marx‑Straße
DozentInnen: Prof. Dr. Angela Million, Andreas Brück
WS 2015/16: Housing for the MASS – Old Ideas, new Forms of Urban Living
DozentInnen: Prof. Dr. Angela Million, Felix Bentlin, Laura Calbet i Elias